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Jadepunk: Tales From Kausao City $10.04
Publisher: Reroll Productions
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by Roger L. [Featured Reviewer] Date Added: 09/26/2014 05:31:56

Man nehme eine Hand voll blutrünstiger Pistoleros, ein Bündel fernöstliche Kampfkunstlegenden, eine Prise Steampunk und eine Packung Korruption, verrühre alles gründlich miteinander und erhitze das Gemisch für einige Stunden im Ofen. Heraus kommt Jadepunk, ein freudiger Genremix für Fate Core, der längst nicht so abgedreht daher kommt, wie es die Zutaten vermuten lassen.

Rezension: Jadepunk (Fate Core) — Eastern trifft auf Steampunk

Western-Feeling und fernöstliche Kampfkunst? Was sich auf den ersten Blick anhört wie Vanilleeis und Oliven entpuppt sich bei näherem Hinsehen als spannende Verbindung mit Zündstoff. Durch die Entdeckung farbiger Jade und ihrer mystischen Eigenschaften ist die Welt nicht mehr wie sie war.

Kausao City, erbaut auf einem der reichsten Jadevorkommen weltweit, ist Dreh- und Angelpunkt des Jadehandels. Die vier größten Nationen herrschen dort gemeinsam im Form des Neuner-Rates: Je zwei Gesandte einer Nation mit einem unabhängigen Gouverneur an der Spitze.

Der amtierende Gouverneur sitzt bereits viel zu lange auf seinem Thron und die Bevölkerung, die zum Abbau der wertvollen Jade gezwungen wird, leidet unter Korruption und Unterdrückung wie nie zuvor. Um diesem tyrannischen Regime die Stirn zu bieten, hat sich eine lose Gemeinschaft, die Jianghu, zusammengefunden und dem Rat und seinen Schergen den Kampf angesagt.

Inhalt

Kernelement des Fate Core Settings ist das Mineral Jade, dessen unterschiedlichen Färbungen fantastische Eigenschaften zugeschrieben werden: Grüne Jade ist für ihre Härte und Schutzwirkung bekannt und wird vor allem zur Herstellung von Hiebwaffen und Rüstungen verwendet. Rote Jade leistet mit ihrer explosiven Natur in der Schusswaffen- und Sprengstoff-Fertigung gute Dienste. Aus blauer Jade werden medizinische Gerätschaften hergestellt oder die Steine selbst werden zur Kühlung eingesetzt. Weiße Jade ist mit dem Element der Luft verbunden und wird dafür eingesetzt, die mächtigen Luftschiffe der großen Nationen in den Lüften zu halten. Schwarze Jade, die nur in und um Kausao City vorkommt und deren Fähigkeiten noch nicht einmal zur Gänze erforscht wurden, rundet das Mineralienquintett ab.

Wer jetzt an Geisterstein aus Deadlands denkt, liegt genau richtig. Wie das mystische Gestein aus dem Horror-Western Rollenspiel sorgt auch Jade nicht nur für einen steten Quell gewalttätiger Auseinandersetzungen, sondern auch für unerhörte technische Entwicklungen. Während Kausao City eine Mischung aus einer Western-Boomtown und einer feudalchinesischen Stadt darstellt, erlaubt der Einsatz von Jade Technologien wie Schusswaffen, Fluggeräte oder Energieschwerter.

Dabei wirkt dieser Technologiesprung keinesfalls plump oder unpassend, im Gegenteil, Jade als mystisches Gestein fügt sich sehr schön in den Hintergrund mit ein und wirkt für diese Welt glaubhaft. Die vier größten Nationen von Jadepunk sind an Völkern aus unserer Welt angelehnt und sorgen für einen interessanten Kulturenmix. Das von Irland und Schottland inspirierte Aerische Imperium haust in den Cairn-Bergen und hat mit seinen fliegenden Schiffen die Lufthoheit der Welt inne. Wenig überraschend finden sich in ihrer Heimat die größten Vorräte an weißer Jade, aber auch rote Jade steht den Aeren zur Verfügung. Das Seefahrervolk der Kaiyu wiederum verfügt über große Vorkommen blauer Jade und ist Südseestämmen nachempfunden. Die nomadischen Naramel ähneln in Aussehen und Verhalten den afrikanischen Tuareg. Als letzte große Nation werden die Túyang vorgestellt, eine Art chinesisches Volk. Mit den Almac und Gahul werden zudem zwei geringere Nationen eingeführt, die im Laufe der Jahre von den großen Reichen an den Rand der Auslöschung gebracht wurden. Ein kurzes Kapitel über Religionen in Kausao City rundet die Weltbeschreibung ab.

Kausao City selbst wird leider nur knapp beschrieben, bleibt in großen Teilen absichtlich vage, um den Spielern die Möglichkeit zu geben, selbst die Details gestalten zu können. Kausao City ist grundsätzlich eine gespaltene Stadt: Auf der einen Seite stehen der Rat der Neun, seine Wachen und Beamten, reiche Jade-Händler und Unternehmer, auf der anderen Seite die unterdrückte Bevölkerung, die in bitterer Armut ihr Dasein fristen muss. In dieser Stadt ist ein Leben nur das Bestechungsgeld wert, dass man zu zahlen imstande ist.

Nach einer sehr kurzen Einführung zu den einzelnen Vierteln folgt ein ebenso kurzes Kapitel über die Jianghu und deren Ziel, die herrschenden Verhältnisse zu stürzen. Dabei sind die Motive keinesfalls nur edel. Obwohl der Großteil der Jianghu aus Selbstlosigkeit handelt, existieren auch Organisationen innerhalb der Jianghu, die nur den eigenen Vorteil im Sinn haben. Leider bleibt diese Beschreibung sehr oberflächlich. Es existiert jeweils nur eine Beispielorganisation für eine wohlmeinende bzw. für eine egoistische Ausrichtung der Jianghu und die Ausgestaltung wird vollkommen der Spielgruppe überlassen. Die Beschreibung kommt daher insgesamt etwas dünn daher und es bleiben viele Fragen offen, was einen schalen Beigeschmack hinterlässt.

Auch bei den Regeln geht Jadepunk eigene Wege. Anstatt sich übermäßig mit Fähigkeiten zu belasten, gibt es hier gerade mal sechs Stück: Aristokrat, Ingenieur, Entdecker, Kämpfer, Gelehrter und Schurke. Alles was ein Charakter tun oder lassen kann subsumiert sich unter einer dieser Fähigkeiten. Auf die bei Fate Core üblichen Stunts und unterschiedliche Stressbalken wurde komplett verzichtet, dafür wurden Assets eingeführt, die eine Zwitterrolle zwischen Aspekten und Stunts einnehmen. Ein Asset kann übrigens selbst auch eigene Aspekte haben, womit die Erstellung eines Assets in Einzelfällen beinahe an die Komplexität eines eigenen Charakters heranreichen lässt. Ein Asset kann hier so ziemlich alles sein, von persönlichen Waffen oder Jadetech-Gegenständen über Gefolgsleute bis zu speziellen Kampfkunststilen. Die sonstigen Fate Core Regeln wurden übernommen und um einige wenige sinnvolle Regelanpassungen ergänzt.

Ein abschließendes Kapitel für den Spielleiter wiederholt nochmal die grundlegenden Informationen des Fate Core Regelwerks und ergänzt diese um eine NPC-Übersicht und Sonderregeln zur Erstellung eigener Stadtviertel. Einige Beispielcharaktere und ein Index runden das Regelwerk ab.

Preis-/Leistungsverhältnis Für knapp 15 USD erhält man eine spannende Welt, die auf 139 Seiten leider ein bisschen dünn beschrieben ist. Bedenkt man, dass man für einen geringen Aufpreis zum Teil die doppelte und dreifache Menge an Inhalten erhält, ist der Preis nicht unbedingt überteuert, ein wirkliches Schnäppchen ist das Werk aber auch nicht.

Erscheinungsbild Der tolle Einband verspricht, was der Band nicht halten kann. Das PDF präsentiert sich puristisch. Nur wenige Seiten verfügen über einen eigenen Hintergrund und wenn dies der Fall ist, stört dieser leider auch noch den Textfluss, da der Kontrast zum Text nicht immer ausreichend ist. Ansonsten ist die Lesbarkeit sehr gut. Die Qualität der Illustrationen schwankt zwischen ordentlich und stimmungsvoll, leistet sich aber ab und an auch einen Ausrutscher nach unten.

Randinformationen sind stets hinterlegt, aber selten einheitlich. Munter wechseln sich braune Farbkleckse, aus der Seite herausgerissene Bereiche und Pergament ab und sorgen so für einen sehr unruhigen Eindruck. Die Karte von Kausao City wurde auch bewusst einfach gehalten und gibt nur einen rudimentären Einblick in die Stadt. Entfaltungsmöglichkeiten schön und gut, aber hier erwarte ich von einem professionellen Rollenspielprodukt einfach mehr.

Fazit Jadepunk hinterlässt bei mir einen gespaltenen Eindruck: Die Idee der Welt hat mich innerhalb von Sekunden in ihren Bann gezogen und mich zum Weiterblättern animiert. Das Konzept strahlender Helden, die sich einem grausamen Regime entgegenstellen und zwischen östlichen und westlichen Haudraufmethoden wählen können? Grandios! Leider sind die bereitgestellten Informationen sehr steril gehalten und schaffen es nicht, den Funken überspringen zu lassen. Das Produkt hat unheimlich viel Potential, das aber durch uninspirierte und zu oberflächliche Beschreibungen verschenkt wird. Die krass vereinfachten Regeln hinterlassen hier auch mehr einen halbfertigen Eindruck anstatt den eines überzeugenden Konzeptes. Der völlige Verzicht auf die Darstellung eines funktionierenden sozialen Gefüges ist nur noch enttäuschend. Die maue Präsentation tut ihr Übriges, den spannenden Ersteindruck zu egalisieren. Immerhin ist Jadepunk ein günstiger Fate Core-Ableger. Mit klassischen Fate Core-Regeln und viel Kreativarbeit kann dieser Rohdiamant daher eventuell doch zum Funkeln gebracht werden.



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[3 of 5 Stars!]
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