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Exalted 3rd Edition $24.99
Publisher: Onyx Path Publishing
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by Roger L. [Featured Reviewer] Date Added: 12/13/2016 06:02:33

Dieses Jahr erschien mit Exalted 3rd Edition eines der langersehntesten Kickstarter-Rollenspiele der letzten Jahre. Dessen eingenommene Summe von 684 755 Dollar war im Jahr 2012 ein neuer Rekord. Nach über drei langen Jahren des Wartens, der Erkrankung eines Autors, Skandälchen um das plagiierte Artwork eines Zeichners und immer neuer Verschiebungen war es diesen Sommer endlich soweit – das Rollenspiel wurde tatsächlich ausgeliefert. Und was für eines!

In einer Zeit, in der der schlanke Regelwerke im Trend liegen, die Beliebtheit von narrativen Spielen wie FATE weiter wächst, und sogar Rollenspiel-Urväter wie Shadowrun mit Anarchy nachziehen, wirkt Exalted 3rd Edition seltsam fremd. Alleine der Umfang! 658 Seiten machen Exalted zu einem Schwergewicht unter den Grundregelwerken. Aber was genau steckt zwischen den Seiten? Lohnt sich das Umsteigen von der zweiten Edition? Und wie fühlt es sich überhaupt an, wiedergekehrte Götter zu spielen?

Die Spielwelt

Exalted 3rd Edition spielt auf der Welt Creation. Diese ist stark nach den fünf magischen Elementen strukturiert (Erde, Feuer, Wasser, Luft, Holz) und lehnt sich damit an fernöstliche Mythologie an: Jahreszeiten spielen kaum eine Rolle, und die jeweilige Himmelsrichtung gibt gleichzeitig Thema und Bewohner vor. So durchstreifen im heißen Süden Nomadenstämme eine endlose Wüste zwischen dem Feuer-Pol und reichen Handelsstädten wie aus Tausendundeiner Nacht. Auf den westlichen Meeren bewohnen Piraten und Seefahrer einen kleinen Inselgürtel und durchfahren den gewaltigen Ozean bis zum Wasser-Pol. Und im Norden versammelt sich eine Horde aus Barbaren in der eisigen Weite nahe des Luft-Pols. All das gehört zum Standard-Repertoire jedes Fantasy-Settings, doch Exalted 3rd Edition verwendet die Himmelsrichtungen nur als grobe Schubladen und trumpft mit ganz eigenen Elementen auf:

Creation ist riesig: Die Spielwelt wurde in der 3rd Edition noch einmal erweitert und ist auf die zwölffache Größe Europas angelegt. Das ermöglicht lange und epische Reisen ans andere Ende der Karte, wie in antiken Heldenmythen (diese Karte hilft bei der Errechnung der Reisedauer). Außerdem ist zwischen den beschriebenen Regionen und den wenigen ausgearbeiteten Städten enorm viel Platz für eigene Länder, Königreiche und Ideen einer Spielrunde. Ruinen ergeben Sinn: Überall auf Creation findet man Überbleibsel eines vergangenen Zeitalters. Diese stammen aus dem Ersten Zeitalter der Schöpfung, in dem die ganze Spielwelt von fortschrittlicher Magie-Technologie durchdrungen war: Mechas, Energie-Kanonen, genmanipulierte Völker. Die Spuren dieser untergegangenen Zeit spielen in Exalted eine große Rolle und stecken hinter manchen Mysterien. (Mit Dreams of the First Age gab es für die zweite Edition sogar eine Settingbox dazu.) Spuren davon finden sich noch in einigen Kulturen Creations: So befehligt die Stadt Lookshy noch Kriegsschreiter, und die Nation der Haslanti League befehligt eine Flotte von Luftschiffen. Etwas Asia-Flair schadet nie: Ganz Creation wurde einst vom Realm eingenommen, dem Reich auf dem Insel-Kontinent im Herzen der Karte. Dort herrschen die Familien der Dragonblooded, mächtiger Erben der Macht der Elementar-Drachen. Sie pflegen eine asiatische Kultur mit Kampfkunst, Samurai-Ehre und Drachen-Glauben. Das merkt man auch in den einstigen Vasallen-Staaten. Hier trifft Fantasy auf Wuxia. Der Fernost-Anteil wurde in der 3rd Edition etwas zurückgenommen. Leben in einer Umbruchs-Zeit: Das mächtige Realm ist seit dem Verschwinden der eigenen Kaiserin in Aufruhr und verliert rasch Einfluss in den Randstaaten. Alte Feinde und neue Rebellen erheben sich, und die großen Häuser rüsten zum Krieg. Überall in der Spielwelt spürt man, dass große Ereignisse bevorstehen. Was, das können die Spieler selbst mitentscheiden – schließlich spielen sie selbst die wiedergekehrten Seelen von Heroen aus dem ersten Zeitalter. Die Welt ist eine Scheibe: Creation ist eine Scheibenwelt, und jenseits davon lauert das ungeformte Chaos. In den Grenzregionen wandern schreckliche Monster umher, und immer wieder dringen die Feen in die Spielwelt ein. Sie sind die schrecklichsten Antagonisten des Spiels – und es gibt noch zahllose weitere. Doch anders als noch in der zweiten Edition spielt der größere Kosmos im Grundregelwerk nur eine untergeordnete Rolle. Auf den ersten flüchtigen Blick erscheint die Spielwelt von Creation simpel und ist in Exalted 3rd Edition nur oberflächlich beschrieben. Bezieht man aber das verfügbare Hintergrund-Material aus der 2nd Edition mit ein, erschlägt es den Leser aber fast mit Details, und das Setting erweitert sich vor allem um fantastische Elemente wie Parallel-Welten (die Maschinenwelt Autochthon, die Unterwelt, die Götterstadt Yu-Shan). Damit zwingt Exalted 3rd Edition den Spielleiter zur Nacharbeit, und dazu, die Regionen auszuwählen und auszudesignen, die für eine Kampagne eine Rolle spielen.

Abwechslung gibt es in Creation also mehr als genug. Vor allem die neue Region im Südosten um die Dreaming Sea, mit einer Dynastie abtrünniger Dragonblooded, und der neue Kontinent Caul, auf der das Realm und Lunar-Exalted einen Krieg um uralte Tempel führen, sind stimmige Erweiterungen. Interessant ist die Umdeutung der westlichen Inseln. Sie liegen nun weiter vom Rest Creations entfernt und sind ein sagenumwobenes Land exotischer Reichtümer. Das alles freut vor allem Veteranen der ersten beiden Editionen. Doch Einsteiger dürften sich bei den vielen Namen und Fraktionen erst einmal ein wenig verloren fühlen.

Moment mal, was spiele ich denn?

In Exalted 3rd Edition verkörpern Spieler ausschließlich Solar-Exalted, also vom vergessenen Gott The Unconquered Sun erwählte Helden mit magischen Kräften. Andere Exalted-Typen gibt es auch, etwa die wilden Lunar-Exalted mit ihren Gestaltwandel-Fähigkeiten, oder die Dragonblooded des Realms mit ihren Elementar-basierten Kräften. Doch diese sind im Grundregelwerk nur als Antagonisten beschrieben und angedacht. Es wurde jedoch bereits bekannt gegeben, dass Onyx Path auch in weiteren Publikationen der 3rd Edition neue Exalted-Typen zugänglich macht.

Die Regeln

„Nimm zwei Handvoll W10 und würfele. Dann beginne herumzurechnen und diskutiere mit dem Spielleiter über Regellücken und Spielbalance.“ So beschrieb mal ein Freund von mir die Spielerfahrung der 2nd Edition. Diese hatte einige Regelprobleme und schreckte Spieler mit einer hohen Komplexität ab. Kann die 3rd Edition hier alles ausbügeln?

Exalted 3rd Edition basiert – wie schon die Vorgänger – auf einem klassischen Poolsystem. Attribute und Fähigkeiten von 1 bis 5 ergeben mit zusätzlichen Bonuswürfeln die Menge 10-seitiger Würfel. Wer einen besonders coolen Stunt dabei ausführt, erhält Bonuswürfel – klassisch Exalted eben. Alle Ergebnisse von 7, 8 und 9 sind ein Erfolg, 10er zählen direkt als zwei Erfolge. Je schwerer die Aktion, desto mehr Erfolge benötigt man – logisch. Ansonsten ist aber alles anders, und Kenner der zweiten Edition müssen sich häufig umstellen. Hier die größten Unterschiede:

Neu: Cineastischer Kampf: Exalted 3rd Edition versucht sich an einem brandneuen Kampfsystem. Es ist auf epische Kämpfe zwischen gleichwertigen Gegnern ausgelegt. Unwichtige Gegner werden als Trivial Opponents abgehandelt und sterben meist so schnell, wie sie auftauchen. In einem ernsthaften Kampf nimmt die Initiative eine zentrale Rolle ein. Sie bestimmt die Abfolge in Runden (nicht mehr Ticks wie noch in der 2. Edition) und spielt mit den beiden unterschiedlichen Angriffs-Typen des Systems zusammen: withering und decisive.

Withering-Angriffe verschieben die Initiative zu den eigenen Gunsten, verursachen aber keinen Schaden am Feind. Decisive-Angriffe verursachen Schaden und setzen die eigene Initiative zurück. Da bei einem Decisive-Angriff die eigene Initiative als Schadensbonus gilt, sie anschließend aber zurückgesetzt wird, ist ein solcher Angriff immer ein Risiko, und Spieler müssen sich die Frage stellen: „Wann versuche ich die Oberhand zu gewinnen (withering), und wann lohnt sich ein finaler Stoß (decisive)?“ Das sorgt einerseits dafür, dass sich die Initiative häufig verändert und Kämpfe dynamisch bleiben – erfordert aber auch mehr Buchhaltung und verkompliziert den Kampfablauf (klicke hier für eine genaue Rundenübersicht). Besonders für Taktiker interessant: Wer bei Initiative 0 ist, erhält zusätzliche Nachteile und kann gar keinen Decisive-Angriff durchführen.

Gruppenkampf: Ebenfalls neu ist die Abwicklung von Massenschlachten. Dabei werden Truppen automatisch als Battle Group zusammengefasst und agieren zusammen als Einheit. Diese erhält dann je nach Anzahl der Mitglieder, Training und Moral bessere Werte. Nehmen sie Schaden und haben keine Lebenspunkte mehr, müssen sie gegen Willenskraft testen oder werden aufgerieben und fliehen. Einzelne Charaktere oder Helden können durch ihre Handlungen einer solchen Battle Group enorme Boni verleihen und den Schlachtenverlauf verändern. Das ist elegant und vereinfacht große Kämpfe.

Sozialer Einfluss: Exalted 3rd Edition hat anders als der Vorgänger kein Social Combat-System. Stattdessen können Charaktere außerhalb von Kämpfen Einfluss gewinnen, was eine Interaktion mit dem Gegenüber und das Verstehen seiner Motive erfordert. Diese werden in Exalted 3rd Edition als Intimacy beschrieben und repräsentieren entweder die Haltung eines Charakters zu etwas (z. B. „Ich hasse die Unterwelt“) oder eine feste Moral des Charakters (z. B. „Mein Heimatland geht über alles“). Sie können auch unterschiedliche Intensitäten haben und werden durch Sozialen Einfluss möglicherweise verändert.

Zauberei: Auch am Zauber-System von Exalted verändert die 3rd Edition einiges. So müssen Zauberer nun Essenz aus der Umgebung ansammeln, die einen Zauber speist – und diesen nicht mehr teuer aus der eigenen Reserven bezahlen. Außerdem lassen sich nun permanente Magische-Verzauberungen herstellen – eine Magische Barriere ums eigene Anwesen? Mit genug Aufwand und Zeit ist das kein Problem.

Kampfkunst: Bisher hatte jeder Exalted-Typ eigene Kampfkunst-Stile. Auch das ist mit der 3rd Edition vorbei. Nun können alle (auch Sterbliche!) alle Kampfkunst-Stile erlernen und schalten je nach eigenem Typ nur besondere Effekte frei. Allerdings muss dies erst einmal durch eine eigene Fähigkeit freigeschaltet werden. Der normale unbewaffnete Nahkampf – Brawl – bleibt für unelegantes Draufhauen für jedermann.

Streitpunkt Handwerk: Statt Ressourcen-Management ist Handwerk in Exalted 3rd Edition mit eigenen Sonderfähigkeiten in einen Handwerks-Baum eingebunden. Der bedient sich bei typischen Computer-Rollenspielen und wirkt wie ein eigenes Mini-Spiel im Spiel. Das System hier zu erklären, würde wahrscheinlich diese Rezension sprengen. Nur so viel: Um ein Meisterwerk zu erschaffen, müssen erst einmal mehrere niedrigstufigere Ausrüstungsteile hergestellt und daraus eine besondere Form von Erfahrung gewonnen werden. Das muss man nicht mögen, und es spaltet auch die Fan-Basis – die einen finden den Ansatz logisch und fair, die anderen umständlich und unintuitiv.

Charaktererschaffung

In der 3rd Edition von Exalted verkörpern die Spieler Solar-Exalted und wählen bei Spielbeginn eine der fünf Kasten aus. Dawn sind Krieger und Generäle, Zenith sind Priester und spirituelle Anführer, Twilight sind mysteriöse Handwerker und Magier, Night sind Attentäter und Spione, und Eclipse sind Diplomaten und Bürokraten. Die Wahl der Kaste gibt besondere Sonder-Fähigkeiten, die teilweise dann automatisch aktiviert werden, wenn ein Charakter keine Essenz mehr hat. Außerdem erhält jeder Charakter eine Auswahl an Favoured-Abilities (als Auswahl von 5 aus 8), die er einfacher steigern kann.

Wie bisher auch, so wird während der Charaktererstellung nicht gewürfelt, und das Start-Powerlevel ist für ein Rollenspiel ungewöhnlich hoch. Die Auswahl von Attributen, Fähigkeiten und Merits geht recht schnell von der Hand. Deutlich länger dauert die Zusammenstellung der 15 magischen Charms. Diese einzigartigen Solar-Fähigkeiten muss man sich umständlich im hinteren Teil des Grundregelwerkes aus Dutzenden Seiten mit Beschreibungen suchen – wovon ein Großteil von anderen Charms abhängig ist und nacheinander freigeschaltet werden muss (unter diesem Link gibt es eine übersichtlichere Darstellung als im Regelwerk). Damit nimmt eine Charaktererstellung insgesamt locker einen ganzen Spielabend ein – auch das ist Tradition bei Exalted.

Spielbarkeit aus Spielleitersicht

Exalted 3rd Edition ist für Spielleiter eine klare Verbesserung zum Vorgänger. Die Regeln sind an den richtigen Stellen verändert und klarer formuliert. Battle Groups lassen sich auch in Scharmützeln hervorragend zur Darstellung ganzer Schwärme schwacher Feinde verwenden. Allerdings ist das Regelwerk auch ein Brocken, der erst einmal studiert werden muss. Auspacken, überfliegen und losspielen? Nicht mit Exalted! Alleine die Zusammenfassung der wichtigsten Regeln ist satte neun Seiten lang. Für Spieler, die an FATE gewohnt sind, ein wahrer Alptraum, doch DSA-Veteranen zucken nur die Schultern. Dafür ist Creation in dieser Variante ein Ort zum Austoben. Gewaltige wandernde Festungen auf dem Rücken von Vorzeit-Behemoths? Kein Problem. Luftschiff-Schlachten mit Eis-Elementaren? Aber ja doch. Komplexe Dungeons mit atemraubender Beute und tödlichen Magie-Tech-Fallen? Unbedingt!

Alleine die beiden neuen angedeuteten Exalted-Typen verändern das Kräfteverhältnis auf Creation und stellen auch für erfahrene Exalted-Gruppen neue und interessante Feinde dar. Liminal Exalted sind Frankenstein-hafte Monster in einem Dasein zwischen Leben und Tod (Sie wurden bereits in Masters of Jade der 2nd Edition erwähnt). Sie sind enorm zäh und an einen gefallenen Sternenhohen gebunden. Exigents wiederum sind persönliche Exalteds niederer Götter, die dabei einen großen Teil der eigenen Macht aufgeben. Sie sind Verteidiger ihrer Städte und Landstriche und haben einzigartige Fähigkeiten.

Auch die neuen Länder fügen sich nahtlos in die Spielwelt ein. Diese ist durch den enormen Platz und die klare Struktur wie für eigene Geschichten gemacht, von epischen Erzählungen eines Record of Lodoss War bis zu persönlichen Intrigen eines Game of Thrones. Das macht es allerdings auch zur Herausforderung, einen roten Faden oder Spielstil zu etablieren. Exalted kann alles sein, was eine Spielrunde daraus macht – nur episch ist es immer.

Spielbarkeit aus Spielersicht

Für Spieler der Vorgänger-Versionen ist Exalted 3rd Edition erst einmal ein Rückschritt. Zwar sind viele Balance-Schwächen verschwunden, doch das ging auf Kosten von Fan-Lieblingen wie perfekte Ausweichen-Charms oder Mehrfach-Angriffen. Sie existieren noch, sind aber stark abgeschwächt worden und nicht mehr häufig in einem Kampf einsetzbar. Auch fühlen sich Charaktere nun etwas schwächer an, da Willenskraft nicht mehr durch Stunts regeneriert, und damit deutlich mehr wert ist. Das ergibt mehr Sinn und balanciert viele Charms besser aus, und ist damit typisch für Exalted 3rd Edition: Die Vorteile für Spieler finden sich erst in den Details und erschließen sich im Spiel.

So stört auf den ersten Blick die Vereinfachung der Ausrüstung: Alle Waffen gehören den Klassen Light, Medium oder Heavy an und unterscheiden sich nur durch unterschiedliche Schlüsselwörter, die besondere Angriffe ermöglichen. Dafür kommen mit magischen Waffen neue Optionen ins Spiel. Stimmt sich ein Charakter auf eine magische Waffe ein, kann er mit der Zeit einzigartige Soner-Charms erlernen.

Auch das Initiative-System wirkt auf den ersten Blick unhandlich, entfaltet in der Spielpraxis aber einen eigenen Reiz. Kämpfe dauern zwischen ernstzunehmenden Kontrahenten meist nur noch drei bis fünf Runden. Durch das Initiative-System bleiben sie spannend, und jeder Spieler hat vor Augen, wenn es ihm an den Kragen geht. Langweilige und eintönige Kämpfe, wie noch in der zweiten Edition, gibt es damit kaum noch.

Ebenfalls wirken die Charms auf den ersten Blick schwächer, sind aber abwechslungsreicher geworden. Verschmähte Charm-Bäume der Vorgänger-Editionen sind nun nützlich und können zu neuen Charakter-Konzepten führen. So dient etwa Lore nun dazu, Fakten über die Spielwelt zu erschaffen – was ein wenig an FATE erinnert. Besonders nützlich ist die neue Regel, eine Fähigkeit als „Supernal Ability“ zu wählen und deren Charms frei kaufen zu können (als habe man Essenz 5). Alleine das macht Charaktere zu Beginn eher stärker als schwächer.

Ein kurzer Spielbericht

Seit Erscheinen der 3rd Edition im Sommer habe ich als Spielleiter eine Gruppe von Solar-Exalted von Kirighast in die Herzen der Aaslande und in die verfluchte Stadt Denandsor geführt. Dabei mussten wir zu Beginn das neue System erst erlernen und verbrachten die ersten Abende mit Regel-Wälzen und Sätzen wie „In der 2nd Edition war es aber anders.“ Auch das Herumblättern im Regelwerk, und das Nachlesen von Charms mit Aha-Effekt („Oh, so ist das gemeint!“) gehörte am zweiten Spielabend dazu. Da hilft es auch nicht, dass sich einige Sonderregeln und Ausnahmen in Kästen am Rand von Kapiteln befinden.

Nach zwei Spielsitzungen gab sich das Phänomen aber, und alle Teile des Regel-Puzzles klickten ineinander. Beim Hintergrund war der Systemwechsel schwieriger. Während wir bei der uns wohlvertrauten 2nd Edition auf eine Vielzahl von Quellen zurückgreifen konnten, musste ich hier als Spielleiter stark improvisieren. Besonders, dass Onyx Path die Spielwelt nicht nur erweitert, sondern an einigen Stellen auch umgebaut hat, sorgte immer wieder für Unsicherheiten („Wo kommen denn diese Exigents her? Warum gab es sie nicht früher?“) und war in der Planung der Kampagne eine Herausforderung – die Neueinsteiger in Exalted aber nicht haben dürften. Besonders hilfreich für mich war die neue Exalted-Wiki als Sammlung von Informationen und Diskussionen darüber. Nach etwa 1,5 Wochen intensiver Arbeit fühlte ich mich mit etwa 20 Seiten Hintergrundnotizen deutlich fester im Spielleiter-Sattel.

Die Spieler nahmen diese Unsicherheiten aber positiv auf - alles wirkte neu und gleichzeitig vertraut, und bald stellte sich das gewohnte Exalted-Spielgefühl ein. Gerade das Fehlen von übermächtigen Ausweich-Charms sorgte jedenfalls dafür, dass die Spieler sehr viel vorsichtiger an Kämpfe herangingen, diese dafür umso mehr genossen. Wirklich kürzer im Vergleich zur 2nd Edition waren sie dann aber nicht. Ein Wehrmutstropfen: Unser Twilight-Exalted wurde mit den Crafting-Regeln nicht warm und lernte auf Magie um – was im Gegensatz zu Handwerk hervorragend funktionierte. Insgesamt ist die Spielrunde bisher sehr zufrieden und beginnt von ihrer neuen Festung Denandsor aus die Eroberung der Aaslande.

Erscheinungsbild

Exalted 3rd Edition ist ein Wälzer in schön. Das Grundregelwerk mit seinen 686 Seiten ist schwer wie ein Backstein im Rucksack – hier hätten es auch gerne eine Box mit mehreren Einzel-Bänden sein können. Die Deutsche Version von Numenera macht es vor. Das Layout der 3rd Edition sticht die vorgehenden Editionen locker aus, und das Artwork ist solide und um einen einheitlichen Stil bemüht. Das Gesamtbild gefällt und ist eine deutliche Verbesserung zu den Vorgänger-Versionen, reicht aber nicht an optische Leckerbissen wie Degenesis, The One Ring oder Legend of the Five Rings heran. Als PDF ist Exalted 3rd Edition ebenfalls gut zu gebrauchen und hat einen guten Index und ausführliche Lesezeichen. Mit Hyperlinks im Dokument wäre es noch besser gewesen.

Ein Manko ist der Preis. Mit knapp 30 EUR alleine für’s PDF und satten 60 EUR für das Hardcover steht Exalted in Zeiten von Kickstarter-Offensien mit dutzenden Bonus-Goodies nicht gut dar. Außerdem fehlt schmerzlich eine ausfaltbare Karte der Spielwelt Creation. Die Mini-Version im Buch am Anfang der Weltbeschreibung muss man mit der Lupe absuchen.

Bonus/Downloadcontent

Seit Erscheinen des Grundregelwerkes im Sommer sind Charm-Cards zur besseren Übersicht, der lesenswerte Comic Tale of the Visiting Flare, die Geschichtensammlung Tales From the Age of Sorrows und neue Charms der Kickstarter-Backer in Miracles of the Solar-Exalted erschienen. Sie alle sind nützlich, kosten aber zusätzlich zum Grundregelwerk.

Fazit

Exalted 3rd Edition ist mit Abstand die beste Version von Onyx Path‘s Fantasy-Wuxia-Heldenspiel. Die Erweiterungen der Spielwelt ergeben Sinn und sorgen auch bei Veteranen der Serie für Abwechslung. Besonders wichtig: Die Balance der Spielmechanik ist um Welten besser als noch bei den Vorgängern. Dabei bleibt sich Exalted auch in Zeiten von FATE und Co. treu. Das Regelwerk ist kein Leichtgewicht und schreckt mit dutzenden Sonderregeln Einsteiger und Gelegenheits-Spieler ab. Spielrunden, die sich einarbeiten, finden hier aber ein gut zusammenspielendes und innovatives Spielsystem.

Das wohl größte Manko der 3rd Edition ist die Einschränkung der Charakterwahl auf Solar-Exalted – und das, obwohl in dem Buch mit Exigents und Liminals gleich zwei neue Exalted-Arten eingeführt werden. Zusatz-Bände mit geupdateten Regeln für andere Exalteds sind zwar in der Mache, bis dahin heißt es für Spielrunden aber: improvisieren, oder auf das Material der zweiten Edition zurückgreifen. Wer aber Hausregeln nicht scheut, souverän mit Powergaming am Spieltisch umgeht und komplexe Regeln mag, der dürfte großen Spaß am neuen Exalted haben.



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